Tere! (estn. Guten Tag)
Nach einem wunderbaren Tag in Stockholm sind wir heute Morgen im beschaulichen Tallinn, der Hauptstadt Estlands, angekommen. Wir wurden direkt am Hafen von unserer reizenden Reiseleitung Anne begrüßt und sind mit dem Bus vom Hafen in die Stadt gefahren. Leider war das Wetter sehr durchwachsen, aber das sollte den Eindruck den wir von dieser wunderschönen Stadt bekommen haben überhaupt nicht trüben!
Tallinn ist eine sehr kleine Stadt (gemessen an unseren Hauptstädten) mit nur 417.000 Einwohnern. Dafür hat es eine umso bewegtere Geschichte und ist geprägt durch jahrelange Kämpfe, Fremdbestimmung und Rückeroberungen. Eines merkt man aber sofort, wenn man Anne bei ihren Erzählungen zuhört: die Esten sind stolz auf ihr Land und ihre Stadt. Trotz der vielen Eroberungen durch die Dänen, Deutschen, Schweden und Russen, haben die Einwohner Tallinns (früher Reval) nie ihre Liebe und Beziehung zu ihrer Stadt verloren!
Die Stadt gliedert sich in Unterstadt und Oberstadt (Domberg). Unsere Führung begann zunächst in der Oberstadt, auf dem Domberg. Anne erzählt uns, dass die Unterstadt und die Oberstadt früher zwei autonome Städte waren und das die Leibeigenen frigelassen wurden, wenn sie es schafften, einen Tag in der Unterstadt zu überleben! Aus diesem Grund gab es schon früh Zwiste zwischen der reicheren Oberstadt, die ihre Leibeigenen nicht verlieren wollte, und der Unterstadt.
Der Turm des Schlosses (Dänische Burg) wird der „Lange Hermann“ (estn. Pikk Hermann) genannt. An der Spitze weht die estnische Fahne, die jeden Morgen und Abend – begleitet von der estnische Nationalhymne – gehisst wird. Die Melodie der estnischen und der finnischen Nationalhymne ist übrigens identisch!
Von der Burg ging es weiter zur Alexander-Newski-Kathedrale. Sobald man dieses pompöse Gebäude erreicht hat, kann man unmerklich den russischen Einfluss anhand der fünf Zwiebeltürme ausmachen. Die Kathedrale wurde dem russischen Fürst Alexander Jaroslawitsch Newski gewidmet, der 1547 von der russisch-orthodoxen Kirche heiliggesprochen wurde. Wie alle russisch-orthodoxen Kirchen ist auch diese reich geschmückt, mit Gold und Ikonstasen. Während unseres Besuches fand gerade ein Gottesdienst statt, der einfach atemberaubend war. In russisch-orthodoxen Kirchen steht man während des Gottesdienstes und die Frauen tragen ein Kopftuch. Im Zentrum der Liturgie steht der Gesang und in dieser Kirche gibt es wirklich einen ganz wundervollen Chor, der einem das Herz bewegt, auch wenn man den Text nicht versteht.
Weiter ging es für uns durch die kleinen kopfsteingepflasterten Gassen zur Domkirche. Das Besondere an der Domkirche sind die Wappen-Epitaphien der deutschbaltischen Adligen Estlands. Die Kirche ist die Bischofskirche des Erzbischofs der Estnisch-Lutherisch-Evangelischen Kirche.
Nach einem letzten Blick auf Tallinn von oben, gelangten wir über das lange Bein (estn. Pikk Jalg) in die Unterstadt. Unser Weg führte uns an zahlreichen Bernsteingeschäften und wunderschönes Barockbauten vorbei.
Ich fand die Oberstand schon ganz bezaubernd, aber die Unterstadt ist eine der bislang schönsten Städte wie ich finde.
In der Unterstadt sieht man die starke Verbindung Estlands mit der Hanse und den Deutschen. Viele der Kaufleute in Reval waren deutsch und kamen aus Lübeck (das wir auf der Rückfahrt noch besucht haben), so galt seit 1249 auch in Reval das Lübecker Stadtrecht.
Eine Besonderheit ist das Haus der Schwarzhäuptergilde in der Pikk. Mitglieder dieser etwas befremdlich klingenden Gilde waren deutsche ledige Kaufleute. Die Gilde gab es nur in Alt-Livland (Tallinn und Estland) und sie wurde nach ihrem Schutzpatron dem hlg.Mauritius benannt, der auch über der prachtvollen Eingangstür prangt.
In der Pikk gibt es zahlreiche alte Gildenhäuser, die alle sehr gut erhalten sind und meist unter Denkmalschutz stehen. Dazu gehören die Große Gildehalle oder das Kanutigildehaus mit den Figuren des Heiligen Knut und Martin Luthers.
Unsere vorletzte Station war der Rathausplatz. Umgeben von pittoreseken Gebäuden steht das Rathaus, im gotischen Stil. Auf dem Rathausplatz gibt es zahlreiche überdachte Stände, an denen man Bernsteinschmuck, Holzwaren und Wollwaren erwerben kann. Auch die umliegenden Läden bieten zu guten Preisen eine Vielzahl schöner Mitbringsel. Ich habe mich für zwei schöne Bernsteinarmbänder (je 8 Euro) und ein paar dicke Wollsocken mit einem dazugehörigen Stirnband im skandinavischen Design (17 Euro und 12 Euro) entschieden. Der Winter kann kommen 🙂
Ein weiteres Highlight ist die gegenüber liegende Ratsapotheke, die älteste durchgehend betriebene Apotheke Europas (seit 1422).
Entlang der Stadtmauer ging es zurück zum Bus. Auch an der Stadtmauer gibt es viele kleine Stände an denen man günstig Accessoires kaufen kann.
Gerne wären wir noch länger in Tallinn geblieben, denn diese zauberhafte Stadt war das absolute Highlight und DIE Überraschung dieser Kreuzfahrt. Tallinn vereint moderne Läden und gemütliche Cafés mit einer pittoresken mittelalterlichen Stadt und wunderschönen Gebäuden aus verschiedenen Epochen. Diese Stadt und die netten Leute sind definitiv einen Besuch wert!
Hwad aega! (estn. Tschüss)
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